Wie auf unserer Website berichtet (17.11.2014 und 02.01.2015 nur auf Englisch verfügbar) hat sich auch die Fracht- und Logistikbranche nach dem Mindestlohngesetz zu richten. Jedoch gibt es auch ein halbes Jahr nach Einführung des Gesetzes noch zahlreiche Unsicherheiten bei seiner Anwendung. Zudem sind viele Aspekte des Geltungsbereichs noch nicht geklärt. Aus diesem Grund wurden in einer juristischen Abhandlung (veröffentlicht in “Neue Juristische Wochenschrift” 26/2015, S, 1844-1849) nochmals auf die folgenden Problempunkte hingewiesen:
- Lohn und Arbeitszeiten, Aufzeichnungspflichten der Arbeitgeber: Die Aufzeichnungspflichten bestehen in den oben genannten Branchen für alle Arbeitnehmer, also grundsätzlich auch für Arbeitnehmer mit weitaus höherem Gehalt als EUR 8,50,- brutto/Stunde. Eine Ausnahme von dieser Grundregel hat nun eine neue Verordnung geschaffen, die bestimmt, dass bei Arbeitnehmern, die wenigstens oder mehr als EUR 2.958,- brutto monatlich verdienen, von der Aufzeichnungspflicht abgesehen werden kann.
- Auftraggeber-Haftung: Die Auftraggeber-Haftung trifft nicht nur Auftraggeber innerhalb der Transport- und Logistikbranche, sondern auch Auftraggeber, die Unternehmen aus diesen (oder anderen) Bereichen mit der Erbringung einer Leistung beauftragen. Aus diesem Aspekt heraus kann nicht deutlich genug darauf hingewiesen werden, bei jeglicher Beauftragung eines Unternehmens darauf hinzuwirken, dass dort das Mindestlohngesetz eingehalten wird, um eine Regresshaftung zu vermeiden.
Im Transportbereich war bei Beginn des Mindestlohngesetzes im Januar 2015 noch nicht klar, ob auch für einen Verlader oder Versender die Auftraggeberhaftung gelten könnte. Für eine gewisse Klarstellung sorgte nun das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Laut Ministerium trifft die Auftraggeberhaftung einen Verlader/Versender nur dann, wenn er sich gegenüber seinem eigenen Kunden zum Transport einer Sache oder Ware verpflichtet hat, und diese Verpflichtung weitergibt an einen Transport-Subunternehmer. Ob damit nur noch Frachtführer und Spediteure in den Bereich der Auftraggeberhaftung beim Warentransport kommen können, wird die Rechtsprechung zeigen müssen. Ähnlich stellt sich die Frage der Auftraggeberhaftung auch bei Frachtenbörsen. Hier besteht die Gefahr, dass im schnellen Geschäft der Frachtenbörsen der Zuschlag an einen dem Auftraggeber nicht bekannten Anbieter geht, der das Mindestlohngesetz möglicherweise nicht einhält. Eine Erleichterung der Auftraggeberhaftung für diese Fälle wurde gesetzlich nicht vorgesehen. Daher bleibt nur, dass der Auftraggeber bereits in der Angebotserstellung darauf hinweist, dass interessierte Transportunternehmen versichern müssen, den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen, ansonsten erfolge ein Ausschluss von der Vergabe.
Durch das Mindestlohngesetz erhöhten sich die Kosten für die Transporteure im Nah- und Fernverkehr um rund 17 Prozent. Doch nicht nur die höheren Personalkosten, sondern auch die damit verbundene Haftung einschließlich der Auftraggeberhaftung führt zu Handlungsbedarf bei Unternehmen. Die Steuerung von Frachtprozessen und die Darstellung von Nachunternehmerketten wird daher noch mehr an Bedeutung gewinnen.